Dynamische Stromtarife. Diese passen sich stündlich an Angebot und Nachfrage an. Zielgruppen: Industrie und Grossverbraucher >100 MWh. In Kombination mit PV und Batterien bis 30% Kosteneinsparung und Erträge möglich. Grosskunden können bereits profitieren. Pay-back nach ca. 3 Jahren.
Dynamische Stromtarife in der Schweiz
Überblick und Definition
Dynamische Stromtarife passen sich kontinuierlich an die aktuelle Marktsituation an, wobei die Preise stündlich oder sogar viertelstündlich neu berechnet werden. Im Gegensatz zu fixen Tarifen berücksichtigen sie Faktoren wie momentane Netzbelastung, Verfügbarkeit erneuerbarer Energien und Spotmarktpreise. Diese Tarife fördern einen bewussteren Umgang mit Strom, indem sie Anreize schaffen, Verbrauch in Zeiten niedriger Preise und hoher Verfügbarkeit zu verlagern.
Der Schweizer Stromtarif setzt sich aus drei Hauptkomponenten zusammen: Energiekosten (etwa 35%), Netznutzungstarif (ca. 45%) und Abgaben sowie Steuern (etwa 20%). Diese dreigliedrige Struktur ist im Stromversorgungsgesetz (StromVG) verankert.
Zielgruppen und Anwendungsbereiche
Die primären Zielgruppen für dynamische Tarife sind Industrieunternehmen mit hohem Verbrauchspotenzial, insbesondere Chemie-, Pharma- und Lebensmittelbetriebe sowie Produktionsbetriebe mit Speicherpotenzial und PV-Anlagen. Sekundäre Zielgruppen umfassen Banken und Versicherungen mit vielen Filialen, Detailhandelsketten und Immobilienverwalter mit aggregierbaren Lasten. Privatverbraucher, grössere KMUs und Prosumer mit PV-Anlagen stellen weitere wichtige Zielgruppen dar.
Technische Unterscheidung
Dynamische Energietarife fokussieren auf den reinen Energiepreis mit direkter Kopplung an Börsenpreise wie die EPEX SPOT. Sie bilden die Verfügbarkeit erneuerbarer Energiequellen durch niedrigere Preise bei hoher Einspeisung aus Wind- und Solaranlagen ab. Diese Tarife schaffen wirtschaftliche Anreize für Verbraucher, ihren Stromkonsum in Zeiten niedriger Börsenpreise zu verlagern.
Dynamische Netztarife orientieren sich primär an der physischen Auslastung der Übertragungsnetze und Verteilnetze. Sie berücksichtigen zeitabhängige Komponenten, Netzkapazitätsauslastung, kapazitätsbasierte Bepreisung und regionale Differenzierung.
Technische Voraussetzungen
Smart Metering bildet die technische Grundlage für dynamische Tarife. Die erforderlichen Funktionalitäten umfassen Viertelstunden-Lastgangmessung und sekunden-genaue Messung, Fernauslesbarkeit in Echtzeit, bidirektionale Kommunikation und Integration in Energiemanagementsysteme. In der Schweiz sind derzeit etwa 40% aller Messpunkte mit Smart Metern ausgestattet, bei Grosskunden liegt die Quote bei ca. 70%. Der gesetzliche Rahmen sieht eine 80%-Abdeckung bis 2027 vor.
Chancen für Geschäftskunden
Durch optimierte Nutzung günstiger Preisphasen können Gesamtkosten um 20-25% reduziert werden. Dies ist besonders effektiv in Kombination mit lastflexiblen Prozessen und Speichertechnologien. Weitere Vorteile umfassen die Erhöhung der Versorgungssicherheit durch aktives Lastmanagement, Verbesserung der CO₂-Bilanz durch Verbrauch in Zeiten hoher Verfügbarkeit erneuerbarer Energien und die Schaffung von Wettbewerbsvorteilen durch frühzeitige Anpassung.
Integration mit PV und Batteriespeichern
Die Kombination aus PV-Anlagen und dynamischen Tarifen bietet besondere Synergien. Überschussproduktion kann gezielt in Hochpreisphasen eingespeist oder in Batterien gespeichert werden. Batteriespeicher entwickeln sich zu einem Schlüsselelement für die optimale Nutzung dynamischer Tarife. Sie ermöglichen Batterie-Ladung während Niedrigpreisphasen und Entladung während Hochpreisphasen sowie Reduktion von Leistungsspitzen durch gezielte Entladung während Hochlastphasen.
Die kombinierte Nutzung kann zu einer Senkung der Gesamtenergiekosten um bis zu 30% führen. Zusätzlich entstehen Ertragsmöglichkeiten durch Generierung von Zusatzerlösen am Markt für Systemdienstleistungen und an der Strombörse. Die Amortisationszeit der Batterie beträgt ca. 3-4 Jahre.
Aktueller Stand und Ausblick
Dynamische Tarifierung steht in der Schweiz noch am Anfang, entwickelt sich aber rasch. Erste Angebote existieren für Grosskunden im freien Markt, während der regulatorische Rahmen für private Kunden ab 2026 definiert ist. Heute überwiegen noch fixe Tarife mit Tag/Nacht-Unterscheidung oder saisonalen Komponenten. Einige innovative Energieversorger bieten ersten Grosskunden bereits Spotmarkt-basierte Tarifmodelle an.
Die Preisbildung erfolgt über die Strombörse EPEX SPOT nach dem Merit-Order-Prinzip. Das teuerste noch benötigte Kraftwerk bestimmt den Preis für alle Anbieter in dieser Stunde. Einflussfaktoren umfassen die Verfügbarkeit von Wasserkraft, Preise für Brennstoffe und CO₂-Zertifikate, Einspeisung aus erneuerbaren Energien sowie unerwartete Kraftwerksausfälle oder Netzengpässe.
Durch Verwendung von PV, Batterien und dynamischen Tarifen können Kosten gesenkt und Erträge generiert werden. Die Entwicklung zeigt deutlich in Richtung einer flexibleren und marktorientierten Stromversorgung mit erheblichen Optimierungspotenzialen für Unternehmen und Verbraucher.
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